Dürfen Kinder ihre Muskelkraft trainieren?

(Dieser Artikel stammt aus meiner Kolumne der NZZ am Sonntag)

Dürfen Kinder ihre Muskelkraft trainieren?

Häufig fragen Eltern, ab wann ihre Teenager Krafttraining machen dürfen. Sie sind verunsichert. Zu Recht, denn in der Vergangenheit wurde das Krafttraining im Kindes- und Jugendalter widersprüchlich diskutiert. Jedoch wurde in den letzten Jahren sehr viel zu diesem Thema geforscht, und dadurch hat sich die Haltung der Wissenschaft gegenüber Krafttraining in jungen Lebensjahren deutlich verändert. Es wird also Zeit, mit den häufigsten Behauptungen aufzuräumen, ehe sie sich als Mythen manifestieren.

 

1. Das Training mit Gewichten führt zu Wachstumsstörungen der Kinder.

Falsch: Keine der vielen Untersuchungen der letzten Jahre konnte dies beweisen, und es gibt auch keine nachhaltigen physiologischen Gründe dafür.

 

2. Training mit Gewichten beschädigt die sogenannten Wachstumsfugen der Knochen bei Jugendlichen.

Falsch: Wird die Zusatzlast im Krafttraining kontrolliert und adäquat gewählt, birgt sie ein sehr geringes Verletzungsrisiko. Hingegen können akute Frakturen, die häufiger in Kontaktsportarten, wie Schwingen, Fussball, Eishockey usw. vorkommen, längerfristig zu Wachstumsstörungen führen.

 

3. Krafttraining überlastet die Sehnenansätze grosser Muskeln, wie beispielsweise die des Oberschenkelmuskels.

Richtig. Deshalb stehen hier die Trainerinnen und Trainer in der Verantwortung, das Alter in Bezug auf die Auswahl der Geräte und der Trainingsintensität zur berücksichtigen. Untersuchungen haben ergeben, dass die Wahrscheinlichkeit für eine derartige Überbelastung im Krafttraining jedoch nicht höher liegt als in anderen Sportarten.

 

 

 

 

Eine Risikoquelle beim Kraft-training mit Heranwachsenden besteht im Bezug auf Verletzungen beim Hantieren mit Trainingsgeräten. Deshalb ist es sinnvoll, dass erfahrenes Trainingspersonal die Einheiten anleitet und die Qualität überwacht. Zudem empfiehlt sich eine stetige Kontrolle der Körpergrösse der Kinder, in Zeit-abständen von zwei bis drei Monaten, um die Trainingsintensität bei allfälligen Wachstumssprüngen zu reduzieren.

Richtig dosiert ist Krafttraining im Kindes- und Jugendalter keinesfalls ungesund, sondern eine sichere und effektive Massnahme zur Steigerung der Kraft, zur Förderung der Knochendichte, zur Verletzungsprophylaxe und nicht zuletzt zur Stärkung des Selbstwertgefühls.

 

 

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