Nützt Stretching überhaupt etwas?

(Dieser Artikel stammt aus meiner Kolumne der NZZ am Sonntag)

Die Studienlage zu Stretching ist unklar. Das Erhalten der Beweglichkeit von Gelenken und Muskeln ist nach meiner Erfahrung jedoch eine Grundvoraussetzung, um ein gesundes Bewegungsverhalten zu bewahren. Mit zunehmendem Alter wird unser Bewegungsapparat anfälliger. Vor allem, wenn wir unsere Gelenke nicht regelmässig in ihrem vollen Radius bewegen, können vermehrt Probleme auftreten.

Ich habe es selber erlebt. Es waren wohl die Folgen aus meiner Vergangenheit als Spitzensportler. In Schnellkraftsportarten wie dem Schwingen wurde zu meiner Aktivzeit wenig gedehnt. Es wurde allgemein angenommen, dass Stretching zu einer Abnahme der Schnellkraft führt. Dies wird auch heute noch in vielen Studien kontrovers diskutiert. Meine Einschränkungen waren nicht auffällig, aber meine Gelenke und vor allem meine Schmerzrezeptoren haben mich täglich darauf aufmerksam gemacht, dass irgendetwas nicht stimmt.

Also habe ich mir vor zwei Jahren ein zwanzigminütiges Stretchingprogramm verordnet, das ich vier- bis siebenmal pro Woche absolviere. Ich dehne die Hamstrings, die Adduktoren, den Quadriceps, die Hüftbeuger, die Gesässmuskulatur, die Brust- und Schultermuskulatur und den Nacken. In der Dehnposition atme ich jeweils drei- bis viermal tief ein und aus, halte den Atem anschliessend für fünf bis zehn Sekunden an und sinke beim Ausatmen noch tiefer in die Dehnposition. Diesen Vorgang wiederhole ich während zwei Minuten, in jeder Dehnposition.

 

 

Der Anfang war schwer. Aber nach ein paar Wochen war ich völlig schmerzfrei und bin es heute noch. Für Hobbysportler empfehle ich:

Beim Stretching sollten Sie keine Schmerzen empfinden. Die anatomisch vorgegebene Bewegungsfähigkeit eines Menschen ist individuell.

Führen Sie die Übungen bewusst durch, dehnen soll entspannend wirken.

Das oben beschriebene passiv-statische Dehnen eignet sich am besten nach einer Trainingseinheit. Vor einem Training oder Wettkampf empfiehlt sich ein lockeres Einlaufen mit Gymnastikübungen.

Geduld. Bis die Schmerzen da waren, hat es ja auch Jahre gedauert. Also braucht der Körper nun auch wieder Zeit, sich in die entgegengesetzte Richtung anzupassen.

 

Sie leiden unter Verspannungsschmerzen? Nehmen Sie sich die Zeit für Stretching, für Ihre Lebensqualität. Es kann nichts Neues passieren, wenn Sie weiterhin dasselbe tun.

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