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  1. Dürfen Kinder ihre Muskelkraft trainieren?

    (Dieser Artikel stammt aus meiner Kolumne der NZZ am Sonntag)

    Dürfen Kinder ihre Muskelkraft trainieren?

    Häufig fragen Eltern, ab wann ihre Teenager Krafttraining machen dürfen. Sie sind verunsichert. Zu Recht, denn in der Vergangenheit wurde das Krafttraining im Kindes- und Jugendalter widersprüchlich diskutiert. Jedoch wurde in den letzten Jahren sehr viel zu diesem Thema geforscht, und dadurch hat sich die Haltung der Wissenschaft gegenüber Krafttraining in jungen Lebensjahren deutlich verändert. Es wird also Zeit, mit den häufigsten Behauptungen aufzuräumen, ehe sie sich als Mythen manifestieren.

     

    1. Das Training mit Gewichten führt zu Wachstumsstörungen der Kinder.

    Falsch: Keine der vielen Untersuchungen der letzten Jahre konnte dies beweisen, und es gibt auch keine nachhaltigen physiologischen Gründe dafür.

     

    2. Training mit Gewichten beschädigt die sogenannten Wachstumsfugen der Knochen bei Jugendlichen.

    Falsch: Wird die Zusatzlast im Krafttraining kontrolliert und adäquat gewählt, birgt sie ein sehr geringes Verletzungsrisiko. Hingegen können akute Frakturen, die häufiger in Kontaktsportarten, wie Schwingen, Fussball, Eishockey usw. vorkommen, längerfristig zu Wachstumsstörungen führen.

     

    3. Krafttraining überlastet die Sehnenansätze grosser Muskeln, wie beispielsweise die des Oberschenkelmuskels.

    Richtig. Deshalb stehen hier die Trainerinnen und Trainer in der Verantwortung, das Alter in Bezug auf die Auswahl der Geräte und der Trainingsintensität zur berücksichtigen. Untersuchungen haben ergeben, dass die Wahrscheinlichkeit für eine derartige Überbelastung im Krafttraining jedoch nicht höher liegt als in anderen Sportarten.

     

     

     

     

    Eine Risikoquelle beim Kraft-training mit Heranwachsenden besteht im Bezug auf Verletzungen beim Hantieren mit Trainingsgeräten. Deshalb ist es sinnvoll, dass erfahrenes Trainingspersonal die Einheiten anleitet und die Qualität überwacht. Zudem empfiehlt sich eine stetige Kontrolle der Körpergrösse der Kinder, in Zeit-abständen von zwei bis drei Monaten, um die Trainingsintensität bei allfälligen Wachstumssprüngen zu reduzieren.

    Richtig dosiert ist Krafttraining im Kindes- und Jugendalter keinesfalls ungesund, sondern eine sichere und effektive Massnahme zur Steigerung der Kraft, zur Förderung der Knochendichte, zur Verletzungsprophylaxe und nicht zuletzt zur Stärkung des Selbstwertgefühls.

     

     

  2. Wie wir mit uns selbst sprechen, ist wichtig

    (Dieser Artikel stammt aus meiner Kolumne der NZZ am Sonntag)

    Wie wir mit uns selbst sprechen, ist wichtig.

    Das Komische am Leben ist: Wenn man darauf besteht, nur das Beste zu bekommen, dann bekommt man es häufig auch.» Dieses Zitat von W. Somerset Maugham hat viel Wahres, wenn ich meine Erfahrungen und Beobachtungen, welche ich über die Jahre sammeln durfte, reflektiere. «Andreas, was ist das richtige Mindset, um mein Trainingsziel zu erreichen?», lautet eine häufige Frage an mich. Ob wir über Feuer gehen können oder nicht, hängt davon ab, ob wir es fertigbringen, so mit uns selbst zu kommunizieren, dass wir uns entschliessen zu handeln, auch wenn uns Angst und Unsicherheit davon abbringen wollen.

     

    Die innere Kommunikation, also die Art und Weise, wie Sie mit sich selbst sprechen, woran Sie glauben, ist wichtig. Sie verleiht Ihnen Kraft, mehr zu erreichen, als Sie womöglich annehmen.

    Das ist einfacher gesagt als getan. Ich habe mich als junger Athlet abgerackert, um meine sportlichen Ziele zu erreichen. Mich innerlich verbal ausgepeitscht, wenn ich es nicht geschafft habe, und mich mit noch härterem Training bestraft. War das zielführend? Natürlich nicht. Mit den Jahren erlangte ich die Erkenntnis: Es gibt keinen Misserfolg, nur Resultate deines eigenen Handelns.

     

    Mit der Erkenntnis begann ich mein Handeln zu reflektieren, meine innere Kommunikation zu beobachten und zu steuern. Immer, wenn ich mich bei Gedanken ertappte, was schiefgehen könnte, wie anstrengend dieser Weg ist und wie viel Disziplin es braucht, fragte ich mich: Wie wird es sich anfühlen, wenn ich mein Trainingsziel erreicht habe? Wie wird das aussehen? Wo stehe ich heute? Welche Fähigkeiten und Kompetenzen brauche ich, um zum Ziel zu gelangen? Ich begann das Feedback meiner Handlungen wie einen Kompass zu nutzen und korrigierte wenn nötig den Kurs.

     

    Das wirkte wie eine Energiezapfsäule und führte mich zurück zum richtigen Mindset.

     

     

     

     

    Misserfolge werden im Unterbewusstsein abgespeichert. Sie wollen uns schützen und wirken so, als ob wir mit angezogener Handbremse fahren würden.

     

    Dieses Hindernis zu erkennen und zu entlarven, ist wichtig, um einen Perspektivenwechsel zu erreichen. Wenn Sie es schaffen, sich die richtigen Fragen zu stellen und Erfahrungen zu nutzen, wenn Sie Ihren Kompass so ausrichten, dass Sie an Ihr Trainingsziel glauben und danach handeln, dann werden Sie mit dem richtigen Mindset belohnt.

     

     

  3. Immer dieselben Geräte im Studio?

    (Dieser Artikel stammt aus meiner Kolumne der NZZ am Sonntag)

    Warum sind die Fitnessgeräte in den Studios seit 25 Jahren dieselben?

    Diese Frage stellte mir neulich eine Kundin, die aufgrund von Bandscheibenbeschwerden nach Jahren wieder einmal ein Fitnesscenter aufgesucht hat. Sie wunderte sich darüber, dass die Geräte zwar moderner sind und nun mit einer Chipkarte eingestellt werden können, aber ihr immer noch dieselben Übungen wie früher erklärt wurden.

    Eine Frage, die mich zu Nachforschungen anregte. Der schwedische Arzt Gustav Zander baute in den 1850er Jahren die ersten Fitnessgeräte, als er nach Möglichkeiten zur mechanischen Unterstützung seiner Heilmethoden suchte, um die Beschwerden von Patienten zu lindern. Damals wurde noch nicht in perfekt assortierten Sportkleidern trainiert, sondern zum Beispiel in weissen Hemden mit zugeknöpfter Weste und gebundener Fliege. Die Bewegungsabläufe der Geräte hatten aber schon damals grosse Ähnlichkeit mit den Standardgeräten, die auch heute noch in Fitnessstudios anzutreffen sind.

     

    Warum Geräte wie Beinpresse, Brustpresse, Ruderzug, Latzug, Schulterpresse und so weiter, die unsere Muskelgruppen isoliert trainieren, immer noch nach derselben Zug- beziehungsweise Druckrichtung funktionieren, ist im Wesentlichen der Anatomie und Biomechanik des Menschen geschuldet.

    Die hat sich nicht verändert. Die Fitnessindustrie und die Sportwissenschaft haben sich daher auf die Technik der Geräte konzentriert, und deren biomechanische Adaption an den Menschen wurde immer wie ausgefeilter. So wurden zum Beispiel Exzenter-Scheiben eingebaut. Sie sorgen dafür, dass der durch das Gerät trainierte Muskel jeweils über den gesamten Bewegungsablauf mit derselben Spannung belastet wird. Es wurden Studien über Wiederholungszahlen, unterschiedliche Tempovarianten und Übungskombinationen angelegt, die zum Beispiel den Heilungsverlauf eines Bandscheibenvorfalls begünstigen sollen.

     

     

     

     

    Die Erkenntnis ist also richtig, dass etwa bei Beinpressen auch heute noch das Gewicht auf einem Schlitten weggeschoben wird; ähnlich wie dies schon bei einem der ersten Zander-Geräte der Fall war.

    Mit dem heutigen Wissensstand können wir jedoch den Transfer der isoliert aufgebauten Muskulatur in die Alltagstauglichkeit mit vielen ergänzenden Übungen wie beispielsweise einem Balanceboard beschleunigen.

     

     

  4. Pausen und Ferien sind nicht schädlich

    (Dieser Artikel stammt aus meiner Kolumne der NZZ am Sonntag)

    Endlich zwei Wochen Ferien! Aber darf ich mir diese Pause wirklich gönnen, oder ruiniere ich damit die hart erarbeitete Form?

    Diese Frage stellen sich viele Fitnessaffine, was oft zu einer Mischung aus Vorfreude und schlechtem Gewissen führt. Keine guten Voraussetzungen, die Ferientage geniessen zu können. Ich verstehe das, habe mich früher auch mit dieser Unsicherheit geplagt. Man hat sich ja einen Trainingsrhythmus angeeignet, Fortschritte erzielt und fühlt sich fit und gesund. Drei häufige Bedenken und die Fakten dazu:

     

    Ferien zerstören meine Form

    Es ist möglich, dass Sie nach einigen Tagen feststellen, dass Ihr Muskeltonus (die Spannung der Muskulatur) sinkt. Dieses Gefühl ist jedoch nicht mit einem Muskelabbau gleichzusetzen. Keine Sorge, Sie verlieren Ihre Form nicht von heute auf morgen. Zwei Wochen Ferien werden sich nur minimal auf Ihre Kraftwerte auswirken, dafür optimal auf die Regeneration Ihrer Sehnen, Bänder und Knochen. Schon nach ein paar Trainingseinheiten werden Sie Ihre alte Stärke zurückgewinnen.

     

    Nach einer Trainingspause starte ich wieder bei null.

    Hier gilt der Grundsatz: Training und Erholung bilden eine Einheit. Das Zeitfenster zwischen zwei Trainingseinheiten sollte minimal einen Tag und maximal zwei bis drei Tage betragen. Diese Pause ist wichtig. Nur so profitieren Sie von der Superkompensation, der Überanpassung des Körpers nach einem intensiven Belastungsreiz wie zum Beispiel einem Krafttraining. Ein Verzicht auf Trainingspausen kann im Gegenzug schnell zu einem Übertraining führen – zu Leistungseinbussen, Müdigkeit und einer Schwächung des Immunsystems.

     

    Muskelkater ist der Gradmesser, ob mein Training effektiv war.

    Nach dem Prinzip «no pain, no gain» wird Muskelkater oft mit der Trainingsperformance in Verbindung gebracht. Die Ursache für Muskelkater sind Mikrotraumen in den Myofibrillen, den kleinsten Elementen, aus denen die Muskelfasern zusammengesetzt sind. Häufig entstehen diese Verletzungen durch ungewohnte Bewegungsmuster. Muskelkater ist ein klares Zeichen, dass der Körper eine Pause braucht, um die beschädigten Strukturen zu reparieren und keine Verletzung zu riskieren.

     

     

     

     

    Lehnen Sie sich also entspannt zurück, und lassen Sie sich nicht durch unnötige Gedanken die Freude an Ihren Ferien verderben.

     

     

  5. Wie unsere Muskeln gut zusammenarbeiten

    (Dieser Artikel stammt aus meiner Kolumne der NZZ am Sonntag)

    Stehen Sie aufrecht mit beiden Füssen am Boden, lassen Sie die Arme locker seitlich neben dem Körper hängen. Schliessen Sie die Augen. Schwanken Sie schon? Versuchen Sie, sich auszubalancieren, indem Sie ruhig atmen. Halten Sie die Augen geschlossen, heben Sie beide Arme über den Kopf, und stellen Sie sich zusätzlich auf die Zehenspitzen. Zählen Sie bis zwanzig. Senken Sie nun die Fersen wieder zum Boden ab, und heben Sie das linke Bein, die Augen bleiben zu. Zählen Sie wieder bis zwanzig, ehe Sie das linke Bein senken und die Seite wechseln.

    Dies ist einerseits ein einfacher Test, andererseits ein gutes koordinatives Training.

     

    Sollten Ihnen diese Übungen Schwierigkeiten bereiten, lohnt es sich, während drei bis vier Wochen täglich zehn Minuten zum Üben zu investieren. Sie werden in Kürze deutliche Fortschritte machen. Falls Ihnen die Übungen zu einfach fallen, dann rollen Sie zwei Badetücher zusammen, oder nehmen Sie zwei grosse Kissen als Fussunterlage und erhöhen Sie so den Schwierigkeitsgrad.

     

     

     

    Wozu ist Koordinationstraining eigentlich gut? Wird es vernachlässigt, sehen Bewegungen plötzlich ungeübt und unkoordiniert aus. Wer nach einer längeren Pause wieder einen Tanz- oder Aerobic-Kurs besucht hat, weiss, was ich meine. Es fühlt sich an, als hätte man zwei linke Beine. Die Ursache liegt darin, dass die einzelnen Muskeln nicht mehr richtig zusammenarbeiten. Das ist vergleichbar mit einem Orchester. Damit eine Sinfonie in ihrer vollen Pracht erklingt, braucht es einen Dirigenten, der das Zusammenspiel der Musiker koordiniert. Der Dirigent unserer Muskeln ist das Gehirn, das deren Zusammenspiel über die Nervenbahnen steuert.

     

    Durch Übungen wie die oben beschriebene wird das Zusammenspiel, die sogenannte intermuskuläre Koordination und Sensomotorik trainiert. Dadurch werden im Wesentlichen folgende Faktoren positiv beeinflusst:

    01.
    Die Bewegungsabläufe werden ökonomischer, Sie verbrauchen weniger Kraft und Energie.

    02.
    Es wirkt verletzungsprophylaktisch, da die Sensorik der Muskeln auch in unerwarteten Situationen besser funktioniert.

    03.
    Es ermöglicht sichere Bewegungsabläufe mit stabiler Haltung, was die sportartspezifische Technik fördert und die Gelenke schont.

     

    Beginnen Sie einfach, ehe Sie den Schwierigkeitsgrad erhöhen. Fordern Sie sich, aber überfordern Sie sich nicht.

     

     

  6. Ein Pulsmesser hilft auch Geübten

    (Dieser Artikel stammt aus meiner Kolumne der NZZ am Sonntag)

    Sie sind beruflich stark engagiert und möchten ein paar Kilos abspecken? Sie absolvieren zwei bis drei Krafttrainings und ein bis zwei Laufeinheiten pro Woche, was eine ausreichende und wertvolle Investition von Zeit in die Gesundheit ist. Und trotzdem will es nicht klappen mit dem Abnehmen. Warum? Sie befinden sich im Überlebens-kampf-Modus und haben sich womöglich schon daran gewöhnt.

    Meine Frage lautet dann oft: «Joggst du mit einer Pulsuhr?» Die Antwort lautet vielfach: «Nein, ich jogge schon so lange, ich weiss, wie hoch mein Puls ist.»

     

    Ehrlich? Ist die Pulsuhr wirklich nur etwas für Anfänger und angebliche Kontrollfreaks? Ich bin der Meinung das sich eine Investition in einen Pulsmesser durchaus lohnt. Denn in allen Belastungssituationen wird das Hormon Cortisol ausgeschüttet. Cortisol wirkt als Schutzschild gegen Belastungen und Entzündungen im Körper und hilft dem Gehirn, Glukose als Energiequelle zu nutzen. Demnach hat es zunächst einmal etwas Gutes.

     

     

    Ist der Cortisolspiegel aufgrund einer konstanten Überbelastung in Beruf und Freizeit über einen längeren Zeitraum oder gar chronisch erhöht, wirkt sich dies negativ auf den Organismus aus. Die Steinzeit-Software unseres Körpers schaltet dann permanent in den Modus Überlebenskampf. Alle nicht lebensnotwendigen Prozesse werden infolgedessen gedrosselt, was auch den Blutzuckerspiegel und den Fettstoffwechsel beeinflusst. Das kann der Grund dafür sein, wieso ein Abnehmen trotz ausreichender Bewegung nicht gelingt. Nicht selten wird Cortisol deshalb auch als Dickmacher-Hormon bezeichnet. Und genau hier gewinnt die Pulsuhr an Wert. Sie soll als Kontrollinstrument dienen und Sie von einer erneuten Überbelastung bewahren.

     

     

    Wenn Ihnen also das oben Erwähnte bekannt vorkommt, empfehle ich eine Joggingrunde von 30 bis 60 Minuten mit einer Herzfrequenz von 125 bis maximal 135 bpm. Nach ein paar Wochen können Sie die Runde je nach verfügbarer Zeit mit der-selben Herzfrequenz auf 45 bis 90 Minuten ausbauen.

     

    Womöglich ist es zu Beginn nur ein zügiges Marschieren. Egal. Die Trainingseinheit dient zur Entschleunigung, zur Senkung des Cortisolspiegels und unter anderem zur Optimierung des Fettstoffwechsels. Das begünstigt zum einen Ihr Ziel, abzunehmen, und hat zum anderen einen positiven Einfluss auf Ihre physische und psychische Gesundheit.

     

     

  7. Muskeln aufbauen geht auch noch ab 40

    (Dieser Artikel stammt aus meiner Kolumne der NZZ am Sonntag)

    Das Lesen eines Artikels in einer Zeitschrift hat mich neulich ziemlich erschöpft. Darin erläuterte der Autor, dass besonders Männer ab dem 40. Lebensjahr punkto Muskelaufbau im Nachteil seien. Er behauptete, es sei in diesem Alter ohne hormonelles Doping unmöglich, Muskulatur aufzubauen. Und wenn man dies doch wolle, dann brauche es eine Spezialdiät und zweimal täglich gut strukturierte Trainings bis zum Muskelversagen. Diese Aussage belegte der Autor mit Brad Pitt, der es nur so geschafft haben soll, seinen Körper auf die Rolle des Achilles im Film «Troja» vorzubereiten.

    Diesen Unsinn zu lesen, kostete mich fast mehr Energie als ein richtiges Krafttraining.

     

    Dass dies nicht stimmt, weiss ich aus eigener Erfahrung. Nach einer Operation im letzten Dezember habe ich fast zehn Kilogramm Körpergewicht verloren, das meiste davon Muskelmasse. Fünf Monate später wiege ich, bei gleichem Körperfettanteil, wieder gleich viel wie vor der Operation.

     

     

    Solche absoluten Behauptungen über Training und Ernährung sind immer mit Vorsicht zu geniessen. Sie lassen sich nicht auf die individuellen Unterschiede der Trainierenden anwenden. Die Fortschritte bezüglich Muskelaufbau können sich zum Beispiel unterscheiden, je nachdem ob und wie jemand bisher Krafttraining gemacht hat. Egal ob Frau oder Mann, regelmässiges Krafttraining schenkt Ihnen ein gutes Körpergefühl, und Sie sind auch über 40 sehr wohl in der Lage, Muskeln aufzubauen oder Ihre Muskelmasse zu erhalten.

     

     

    Folgendes sollten Sie beim Krafttraining beachten:

    Regenerationszeit:
    Sind Sie Krafttraining gewohnt, dann empfehle ich Ihnen, die Intensität in den Trainingseinheiten beizubehalten, die Regenerationszeit aber entsprechend zu verlängern. Zum Beispiel drei funktionelle Ganzkörpereinheiten pro Woche.

    Eiweisse:
    Achten Sie auf eine vollwertige Ernährung mit ausreichender Eiweisszufuhr (1 bis 1,5 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht). Eiweisse sind die Bausteine des Körpers. Ist es Ihr Ziel, Muskelmasse aufzubauen, so benötigt Ihr Körper einen Kalorienüberschuss, bis Sie Ihr Ziel erreicht haben.

    Schlaf und Zeit:
    Wenn wir schlafen, regeneriert unser Körper am besten. Trotzdem baut man keine Muskelberge über Nacht auf, dazu braucht es strukturiertes, regelmässiges Training und etwas Geduld. Viel Erfolg!

     

     

  8. Ab aufs Velo – so kann man clever trainieren

    (Dieser Artikel stammt aus meiner Kolumne der NZZ am Sonntag)

    Ich wurde gefragt, ob beim Velofahren in derselben Trainingszeit der gleiche Trainingseffekt für die Ausdauer erreicht werde wie beim Joggen. Beim Velofahren werden nicht so viele Körperpartien gleichzeitig genutzt. Deshalb brauchen Velofahrer etwa die doppelte Trainingszeit wie Jogger, um denselben Trainingseffekt des Herz-Kreislauf-Systems zu erzielen. Aber Velofahren ist eine wahre Anti-Aging-Pille. Es aktiviert den Fettstoffwechsel, verbessert die Durchblutung und somit die Sauerstoffversorgung, stärkt das Immunsystem, fördert das Herz-Kreislauf-System und hält Muskeln und Gelenke fit.

     

     

    Wer das Ziel hat, mit Velosport fit zu werden, sollte folgende Punkte beachten:

     

    1.
    Richtig sitzen ist wichtig. Beim Einstellen sollten Ihre individuellen ergonomischen Voraussetzungen berücksichtigt werden. Sonst können durch Fehlbelastungen Gesäss-, Schulter-, Knie- oder Rückenschmerzen den Spass trüben.

    2.
    Viel hilft nicht unbedingt viel. Eine Überlastung durch zu viele, zu intensive Trainingseinheiten und darauffolgende ungenügende Regenerationszeiten ist einer der grössten Fehler von Velo-Enthusiasten. Gepaart mit psychischem Stress und schlechter Ernährung kann dies zu einem Übertraining führen. Achten Sie darauf, dass Sie die Belastungsdauer und Intensität über einen Zeitraum von acht bis zehn Wochen stufenweise erhöhen und das Verhältnis von Training und Regeneration ausgeglichen ist. Bauen Sie regenerative Grundlageneinheiten in Ihre Trainingsplanung ein. Dadurch kann sich der Körper nach Grenzbelastungen schneller erholen und ein Übertraining vermieden werden.

    3.
    Ein starkes Fundament kann Belastungsspitzen aushalten. Ein Beispiel für ein Grundlagen-training ist eine leichte Velotour von 30 bis 60 Minuten bei zirka 60 Prozent der maximalen Herzfrequenz und einer Trittgeschwindigkeit von etwa 80 Umdrehungen pro Minute. Diese Trainingsform nennt man aktives Regenerationstraining. Es fördert die Durchblutung der Muskulatur und erhöht die Nährstoffaufnahme. Durch regelmässiges Grundlagentraining lernt der Körper, sich schneller von intensiven Trainingseinheiten zu erholen.

     

     

     

    Wie bei vielen Dingen ist auch beim Velosport alles eine Frage der Menge und Intensität. Lassen Sie sich nicht durch falschen Ehrgeiz den Spass verderben. Bewusstes und regelmässiges Training ist auch hier zielführend.

  9. Übungen für mehr Sicherheit im Alter

    (Dieser Artikel stammt aus meiner Kolumne der NZZ am Sonntag)

    Mein ältester Kunde ist 82 Jahre alt. Wir kennen uns mittlerweile schon seit 14 Jahren, da er regelmässig zu uns ins Personal-Training kommt. Seine Motivation fürs Training beschreibt er kurz und bündig: «Weil es einfach Sinn macht.» Wie recht er damit hat! Sicheres Laufen im fortgeschrittenen Alter bedeutet Mobilität und Bewegungsfreiraum. Damit einher gehen Vitalität und eine hohe Lebensqualität. Was will man mehr?

     

     

    Es gibt eine Vielzahl von Übungen für sicheres Gehen und somit auch zur Sturzprophylaxe. Viele lassen sich gut zu Hause absolvieren. Anbei drei Übungen für das Heimtraining:

     

    Der halbe Stuhl:
    Im schulterbreiten Stand und mit geradem Rücken kontrolliert halb in die Knie gehen. Das Gesäss dabei nach hinten schieben, das Körpergewicht in Richtung Ferse. Die Kniegelenke sollten nicht über die Fussspitzen hinausragen. Die Knie flüssig wieder durchstrecken. Zweimal 8 bis 12 Wiederholungen. Das kräftigt die Oberschenkel-, Gesäss- und untere Rückenmuskulatur.

    Seiltanzen:
    Auf ein zusammengerolltes Badetuch stehen, eine kleine PET-Flasche in die linke Hand nehmen und die Arme seitlich ausstrecken. Das rechte Bein anheben, die PET-Flasche vor dem Körper in die andere Hand übergeben, danach auf das andere Bein stehen und die Flasche wieder in die andere Hand übergeben. Zweimal 8 bis 12 Wiederholungen. Das verbessert das Gleichgewicht, sorgt für Stabilität und Reaktionskraft.

    Treppen steppen:
    Vor eine Treppenstufe stehen. Mit dem rechten Bein hinaufsteigen. Das linke Bein folgt. Rechts wieder hinuntersteigen, dann links. Auf flüssige Bewegungen achten. Stets die ganze Fusssohle aufsetzen. Arme schwingen gegen- läufig mit. Jeweils nach einer Minute die Beinstellung wechseln (links hoch, rechts hoch, links hinunter, rechts hinunter). Zehn Minuten lang. Das kräftigt Gesäss- und Beinmuskulatur und hält das Herz in Schuss.

     

    Diese drei Übungen unterstützen Sie dabei, vor möglichen Stolperfallen im Alltag gewappnet zu sein und Ihre Kraft, Stabilität und das Gleichgewicht aufrechtzuerhalten.

     

     

    Mein 82-jähriger Kunde ist diesbezüglich ein Vorzeigeathlet. Neugierig und mit einer riesigen Freude an der Erfahrung gibt er im Training bei jeder Übung sein Bestes, übt zu Hause weiter, um uns dann stolz seine Fortschritte zu präsentieren. Tun Sie es ihm gleich, Sie werden es nicht bereuen.

  10. Die Kraft der Kälte richtig nutzen

    (Dieser Artikel stammt aus meiner Kolumne der NZZ am Sonntag)

    Ich stehe in der Badehose am Ufer der Aare, die Lufttemperatur beträgt minus vier Grad, es bläst eine kalte Bise. «Das ist nicht Ihr Ernst, Sie wollen jetzt doch nicht schwimmen?!», ruft eine Frau, eingepackt in eine Winterdaunenjacke und mit einer Wollkappe auf dem Kopf. «Nein, das wird kein richtiges Schwimmen», antworte ich grinsend. «Ich sitze dort, wo es keine Strömung hat, kurz rein, plansche einige Minuten und komme wieder raus.» Die Frau starrt mich ungläubig an. Ich steige ins Wasser.

     

    Ich bin bei weitem nicht der Einzige, der sich freiwillig der Kälte aussetzt. Winterschwimmen wird immer beliebter. Richtig angewandt, kann sich dieses Eisbaden günstig auf unsere Gesundheit und unsere Stimmung auswirken.

     

    Durch die Kälteexposition werden die Blutgefässe trainiert, indem sie dazu gezwungen werden, sich zu verengen und sich anschliessend wieder zu erweitern. Wie beim Muskeltraining.

     

     

    Die Vorteile betreffen ebenso die Produktion der weissen Blutkörperchen, die den Körper gegen Infektionen durch Fremdkörper und Eindringlinge wie Bakterien, Viren, Parasiten und Pilze verteidigen. Weitere positive Nebeneffekte sind eine straffe Haut, glänzendes Haar, mehr Selbstvertrauen und ein Energie-Boost.

     

     

    Um einer Unterkühlung vorzubeugen, sollten ein paar Regeln beachtet werden:

    1.
    Wenn Sie sich im Winter in ein Gewässer wagen, dann gehen Sie die ersten Male nicht allein.

    2.
    Suchen Sie sich eine untiefe Stelle ohne Strömung, die Ihnen einen einfachen Ein- und Ausstieg ermöglicht.

    3.
    Tauchen Sie langsam ins Wasser ein, und behalten Sie den Kopf über Wasser.

    4.
    Atmen Sie bewusst und ruhig, obwohl dies während der ersten 30 Sekunden eine Herausforderung wird. Sie werden dann feststellen, dass Ihr Körper die Kälte akzeptiert, und Sie können sich entspannen.

    5.
    Machen Sie keinen Wettbewerb daraus, steigen Sie aus, wenn Ihnen danach ist, und ziehen Sie etwas an.

     

    Wichtig: Um zu verhindern, dass sich das kalte Blut Ihrer Extremitäten mit warmem Blut Ihrer Körpermitte vermischt und Ihre Körpertemperatur absinkt, führen Sie Übungen wie Liegestützen oder Kniebeugen durch, um den Körper von innen nach aussen aufzuwärmen.

     

    Wem dieses Eisbaden zu viel des Guten ist, der kann täglich 90 Sekunden kalt duschen, um von den erwähnten Vorteilen zu profitieren.